Weizenbier/Weißbier
Verbreitung: |
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Breitet sich, von Süden kommend, immer weiter nach Norden aus |
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Biergattung: |
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Vollbier |
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Stammwürze in %: |
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Mindestens 11 und 14 |
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Alkoholgehalt in % vol: |
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Ca. 5,4 |
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Bierart: |
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Obergärig |
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Charakteristik: |
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Kristallklares oder leicht hefetrübes, spritziges Bier mit einem fruchtigen und würzigen Geschmack, helle oder dunkle Färbung |
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Brauprozess: |
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Weizenmalzanteil beträgt mindestens 50 Prozent, der Rest ist Gerstenmalz |
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Geschichte: |
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Wittelsbacher Weizenmonopol seit 1602, zum Schutze dieser Einnahmequelle allen anderen Brauern immer wieder verboten, blieb aber weiter beliebt: mehr als 80 Prozent der Weizenbiere kommen aus Bayern |
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Bierpflege: |
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Schmeckt am besten gut gekühlt aus dem Kühlschrank - ohne Zugabe von Zitronenscheibe oder Reis |
Spritziges aus dem Süden
Weizenbier ist wohl das bayerischste aller Biere, seine Hochburg liegt eindeutig
in Bayern. Doch von hier aus hat es in den letzten Jahren einen beachtlichen
Siegeszug nach Norden angetreten: nicht nur bei den Brauereien, sondern vor
allem bei den Verbrauchern.
Weizenbier, übrigens nicht zu verwechseln mit der „Berliner Weisse”, hat eine
bewegte Vergangenheit:
Ein Bier von Adel
Weizenbier, auch Weißbier genannt, war in Bayern schon in früheren Jahrhunderten
beliebt. Bürgerliche und adelige Braumeister machten sich dabei Konkurrenz. Das
änderte sich schlagartig, als das bayerische Herrscherhaus 1567 das Brauen von
Weizenbier verbot. Die Begründung war fadenscheinig: Es sei „ein unnützes
Getränk, das weder führe noch nähre, noch Kraft und Macht gäbe, sondern nur zum
Trinken reize”. In Wahrheit sollte der kostbare Weizen nicht weiter zum
Bierbrauen verwendet werden. Eine Ausnahme machte der bayerische Herzog nur beim
niederbayerischen Geschlecht der Degenberger. Diesem hatte Wilhelm IV., der
Begründer des Reinheitsgebotes, schon 1529 das Recht verliehen, aus Weizen Bier
zu brauen.
Am 10. Juni 1602 starb Hans Sigmund von Degenberger als letzter Spross seines
Geschlechts. Da er keinen männlichen Nachkommen hinterließ, fiel sein Besitz,
und damit auch das alleinige Recht, Weizenbier zu brauen, an das bayerische
Herrscherhaus unter Maximilian I. zurück. 1605 wurde in München – an dem Ort, wo
heute das weltberühmte Hofbräuhaus steht – das Weisse-Bräuhaus gegründet. Hier
ließ Herzog Maximilian das Weizenbier nun selber brauen und verkaufen.
Die bayerischen Kurfürsten als Brauherren
1623 avancierte Herzog Maximilian zum Kurfürsten. Für seinen aufwändigen
Hofstaat waren die Gewinne des Weisse-Bräuhaus unentbehrlich. Um weitere
Geldquellen zu erschließen, kam der clevere Wittelsbacher auf die Idee, Verträge
mit den Münchner Wirten einzugehen. Diese wurden verpflichtet, neben dem
bürgerlichen Braunbier auch das hochherrschaftliche Weizen auszuschenken.
Gehorchten sie nicht, wurde ihnen das Wirtsrecht entzogen.
Die Nachkommen Maximilians I. hielten „aus gewichtigen Ursachen” für andere
Stände das Verbot aufrecht, aus Weizen Bier zu brauen. Die Herstellung von
Weißbier wurde zum „Regal”: zum wirtschaftlich nutzbaren Hoheitsrecht des
bayerischen Herrscherhauses. Sehr zum Verdruss der bürgerlichen Braunbierbrauer
entstanden überall kurfürstliche Brauhäuser. Und die Untertanen ließen sich ihr
Weizenbier, das angeblich so „unnütz” war, schmecken.
Das Weißbier wird bürgerlich
Mitte des 18. Jahrhunderts kam das kurfürstliche Weißbier dann eine Weile aus
der Mode. Die bürgerlichen Brauer hatten ihre Methoden, Braunbier herzustellen,
entscheidend verbessern können. Es schmeckte den Bayern noch besser als das
Weizen aus den Hofbräuhäusern. Weizenbier wurde so wenig getrunken, dass es als
Einnahmequelle für das Herrscherhaus nichts mehr hergab. Als großzügige Geste
gegenüber seinen Untertanen verzichtete dieses auf sein Privileg. Das Recht,
Weizenbier zu produzieren, wurde auf alle Brauer im Lande ausgedehnt.
Erfrischender Genuss von heute
Der Erfolg von heute würde selbst die geschäftstüchtigen Wittelsbacher neidisch
machen: Etwa sechs Millionen Hektoliter Weizenbier werden heute jährlich allein
im Lebensmitteleinzelhandel und in Abholmärkten verkauft. Rund 14 Millionen
Genießer in Deutschland – meist junge Menschen – lassen sich das Obergärige mehr
oder weniger regelmäßig schmecken. Darunter sind auch viele Frauen. Mehr als
vier Millionen Deutsche, vor allem Bayern, trinken mindestens einmal in der
Woche Weizenbier.
Weizenbier muss mindestens 50 Prozent Weizenmalz enthalten. Da es bei der
Lagerung hoch gespundet wird, hat es relativ viel Kohlensäure. Dies und der
fruchtige Geschmack machen dieses Bier so erfrischend. Deshalb ist es im Sommer
besonders beliebt, wenn Jung und Alt in Biergärten und auf Restaurant-Terrassen
zusammenkommen.
Etwa die Hälfte des gesamten Weißbieres wird in der Gastronomie getrunken.
Meistens ist es – sowohl beim Wirt als auch im Handel – in Flaschen zu haben.
Doch in Restaurants und Gaststätten kommt das Weizenbier immer mehr vom Fass.
Die Auswahl ist groß. Neben den klassischen naturtrüben, ungefilterten
Hefeweizen in Hell und Dunkel bieten viele Brauereien auch klare oder
Kristall-Weizen an. Dazu kommen alkoholfreie und – vor allem in Bayern – leichte
Weißbiere. In einigen Regionen werden auch bekannte Weizen-Starkbiere angeboten.
Die Kunst, ein Weißbier einzuschenken
Wer als Laie schon einmal versucht hat, ein Weizen einzuschenken, weiß, dass
dieses Bier ein – im wahrsten Sinne des Wortes – überschäumendes Temperament
entwickeln kann. Zunächst braucht man die typischen Weißbiergläser, denn nur aus
ihnen schmeckt es richtig gut. Sie sind hoch und leicht geschwungen. Deshalb
kann die Kohlensäure im Weizen beim Einschenken eine schöne Schaumkrone
entwickeln.
Wie bei anderen Biersorten auch sollte das Glas vor dem Einschenken mit klarem
Wasser ausgespült werden. Die Flasche wird schräg zum Glas gehalten, dann das
Weizenbier eingeschenkt, bis die Schaumkrone den Rand erreicht hat. Anschließend
wird das Bier eine Weile stehen gelassen, bis sich der Schaum abgesetzt hat.
Dann kann vorsichtig nachgegossen werden, um die Schaumkrone zu erhalten.
Auch wenn einige es für schick halten sollten: Zitronenscheiben haben im
Weißbier nichts zu suchen. Sie verfälschen den Biergeschmack und lassen die
schönste Schaumkrone in sich zusammenfallen. Auch Salz- oder Reiskörner machen
das Weizen nicht besser. Sie sorgen nur dafür, dass die Kohlensäure schneller
entweicht und das Bier schal wird.
Quelle: Deutscher Brauerbund